Freitag, 10. Juni 2011

Do you remember the first time?

Das erste Mal bleibt einem bestimmt immer in Erinnerung, egal um was es sich handelt. Zu Beginn der Neunziger Jahre war ich unentschlossen, welche Musik und welcher Lifestyle mir wirklich gefällt. Ich war rastlos und auf der Suche nach etwas Interessantem, Aufregendem und Neuem! In meinem Sanyo Discman, den ich mir im Urlaub in Cuxhaven von meinem Erspartem für stolze 199,- D-Mark gekauft hatte, liefen die unterschiedlichsten Genres. Ich konnte mich einfach nicht entscheiden, alles was ich hörte fand ich ganz gut, so recht bei den Eiern packte es mich jedoch nicht. Da lief mal 'Dookie' von Green Day, 'Stranger than Fiction' von Bad Religion, 'Automatic for the People' von R.E.M. oder auch mal irgendeine CD von Genesis. OK, es gibt wirklich Schlimmeres, aber so richtig identifizieren konnte ich mich damit nicht, wie sagte Morrissey so schön in 'Panic', "It says nothing to me about my life". Auch Fashion war mir nicht gänzlich egal, aber nicht so wichtig wie es heute für mich ist. Ich spielte damals Fußball und lief die meiste Zeit in Sportklamotten rum. Ich schaute zwar gerne MTV, damals ja auch noch auf englisch und aus London ausgestrahlt, und Viva, aber die Charts und der knallbunte Technolifestyle konnten mir nichts anhaben. 1994 sah ich dann plötzlich ein Video auf MTV von einer Band, die aussah, als wären sie arbeitslose Hooligans, die auf einem Dach ihren Song performten, ich wollte mir den Song- und Bandnamen merken, weil ich es wirklich cool fand, vergaß es jedoch und verlor die Band aus den Augen. Schließlich war Fußball auch viel wichtiger für mich. Ich verbrachte gar einen kompletten zweiwöchigen Urlaub an der See mit meinen Eltern komplett von morgens bis abends auf dem Bolzplatz mit den anderen Jugendlichen. Noch nichteinmal im Meer baden bin ich gegangen, nach dem Urlaub kam ich definitiv als fittester Spieler im Kader zurück. Das alles sollte sich 1995 völlig verändern. Und warum? Durch eben diese Band auf dem Dach!
Im Frühjahr 1995 zappte ich mal wieder durch unsere zwei Musiksender und blieb auf MTV hängen, wo gerade ein schwarz-weiß Video lief. Der Song packte mich sofort und ich blieb ähnlich wie Jimmy in Quadrophenia ganz gebannt vorm Bildschirm kleben und schaute mir die Band im Video ganz gebannt an, irgendwo her kamen sie mir bekannt vor. Bei Jimmy waren es The Who bei ihrem TV-Auftritt bei 'Ready, Steady, Go!', bei mir waren es Oasis. Na klar, das sind doch diese arbeitslosen Hooligans auf dem Dach! Das Musikvideo war jenes zu 'Wonderwall', ich stand am Scheitelpunkt meines Lebens, alles sollte sich in den kommenden Tagen, Wochen und Monaten ändern. Ich war vollkommen geflasht, diese Typen sahen cool aus, karierte Hemden (erst Jahre später wurde mir bewusst, dass Liam da ein Burberry Shirt trug), Levi's Jeans und weiße Adidas Turnschuhe. Ich sah plötzlich das Blueprint von dem, was ich sein wollte. Nach dem Video lief ich sofort in die Stadt, um mir die Single für 11,99,- D-Mark zu kaufen, was ein Glück, dass Karstadt sie im Sortiment hatte. Wieder daheim, legte ich die CD ganz ungeduldig in meinen CD-Player. Diese Akustik-Gitarre und dann die Streicher, die einsetzenden Drums und der näselnde Gesang, es war um mich geschehen. Ich hörte zum ersten Mal bewußt meine neue Lieblingsband. Song zwei 'Round Are Way', ebenfalls ein Hammer, Wall of Sound (den Begriff kannte ich damals zwar noch nicht, er ist aber angebracht) mit Bläsern. Sogar das folgende Instrumental Stück 'The Swamp Song' gefiel mir, es hatte enorme Energie und klang irgendwie gefährlich. Das letzte Stück war dann 'The Masterplan', von dem Noel heute sagt, dass es das wohl beste Lied sei, das er jemal geschrieben hat. Besser kann eine musikalische Resozialisation kaum sein. Ich hörte die Single bestimmt zehn bis fünfzehn Mal hintereinander an, ich konnte einfach nicht genug bekommen. Mein Appetit war nun angeregt und der Hunger nach Neuem noch lange nicht gestillt. Ich musste am nächsten Tag erstmal wieder zu Karstadt, meine letzten Ersparnisse für das aktuelle Oasis Album '(What's The Story) Morning Glory?' auszugeben. 34,99,- DM hat es gekostet und ein Aufkleber zierte das Cover, ein Target Zeichen mit der Inschrift 'Buy British'! Die Plattenindustrie hatte angefangen, das Phänomen Britpop kommerziell auszuschlachten, eingentlich das Ende von Britpop, für mich jedoch erst der Beginn einer ewigen Liebe. Mein Lieblingssong auf '(What's The Story)...' war zu Beginn 'Hey Now', eine krachende Hymne. Von Woche zu Woche änderte sich das allerdings. Ich kaufte mir von meinem nächsten Taschengeld gleich das Debütalbum 'Definitely Maybe' und war nicht minder beeindruckt. Nach der Schule konnte ich es kaum erwarten, wieder nach Hause zu kommen und meinen CD-Player anzuschmeißen. Ich verbrachte den Großteil meiner Freizeit damit, die beiden Alben und die Single zu hören und mir dabei, auf dem Sofa liegend, die Fotos in den Booklets anzusehen. Nun musste ein kariertes Hemd und eine braune Levi's 501 her! Dazu zwar keine weißen Turnschuhe, sondern blaue Adidas Gazelle (die gleichen habe ich heute übrigens wieder). Meine kurzen Haare wurden nun zum unbehagen meiner Eltern auch immer länger und wurden nach vorne gekämmt. Trouble was just around the corner. Meine damalige Freundin (im übrigen meine erste Beziehung) teilte meine neue Leidenschaft überhaupt nicht, sie war Fan der schrecklichen Boyband Take That, die jedoch kurz vor der Trennung standen. Liam Gallagher ließ in der Presse verlauten, dass die Auflösung Take Thats noch schöner gewesen wäre, hätten sie die Welt nicht noch mit einem letzten Album belästigt. Bäng! Ein Schlag in die Fresse, geiler Typ! Das war es dann auch mit meiner ersten Beziehung, aber egal, ich hatte ja schließlich etwas viel besseres, nämlich Oasis. Ich verfolgte jede MTV News, ob es mal wieder Skandale um meine großen Helden gibt, was in fast jeder Ausgabe bestätigt wurde. Zu dem Zeitpunkt waren sie wirklich die größte und beste Band der Welt! Ich kaufte die nächste Single 'Don't Look Back In Anger' und auch alle möglichen Bücher. Jede Woche schaute ich im lokalen Buchhandel Salzmann nach der neuesten Ausgabe des NME, ob wohl wieder etwas über Oasis drin steht. Durch die Lektüre der Biographien, wollte ich mehr erfahren über die musikalische Sozialisation meiner Idole und kaufte mir CDs der Beatles (es wurden gerade die Anthology CDs veröffentlicht), der Stones und der Stone Roses. Auf Viva sah ich diesmal ein neues Video, welches mich erneut umhaute, diesmal merkte ich mir Interpret und Titel; Ocean Colour Scene mit 'You've Got It Bad'. Auf zu Karstadt und Album gekauft, wieder mal 34,99,- DM. Super, die Band hatte denselben Stil wie Oasis. Here we go! 1997 war es dann endlich soweit, ich sah Oasis das erste Mal live in Hannover, es war der 27. November und die Vorband waren die Seahorses, natürlich hatte ich bereits ihr Debütalbum 'Do It Yourself' und wußte auch, dass es die neue Band von Ex-Stone Roses Gitarrist John Squire ist. Die Messehalle 2 fasste damals etwa 20.000 Menschen, nur 8.000 kamen, um die Band um den völlig betrunkenen Liam Gallagher zu sehen. Mit meiner heutigen Erkenntnis war es ein lausiges Konzert, damals überwog jedoch die Euphorie. Zwei Wochen später kamen auch Ocean Colour Scene nach Hannover ins Capitol, ein völlig anderes Erlebnis, man war viel näher dran, das gefiel mir schon besser. In den nächsten Jahren erweiterte ich konstant mein Musikwissen und Entwickelte mein Interesse für Mode und Lifestyle weiter. 15 Jahre ist das alles her, heute bin ich DJ und freue mich immer noch Songs von Oasis spielen zu können, bin verheiratet und auf unser Hochzeit wurde 'Don't Look Back In Anger' gespielt, unsere Ringe tragen die Inschrift 'All You Need Is Love...Love Is All You Need' und unsere Katzen heißen 'Sally Cinnamon' und 'Sgt. Pepper'. That's what I call a design for life...


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen